Dampfschiff "Marco Polo" von Triest nach Israel

Ehemals "Kaiser Franz Josef I" und "Presidente Wilson"

 

Dieses Dampfschiff wurde im Jahr 1911 vom Schiffsbauer Monfalcone in Triest hergestellt im Auftrag der Unione Austriaca – Austro-American-Line in Triest. Es erhielt den Namen „Kaiser Franz Josef I“ und unternahm seine Jungfernfahrt im Februar 1912 auf der Route Trieste – Buenos Aires. Am 25. Mai 1912 startete es zu seiner ersten Reise auf der Route Triest – Patrasso – Palermo – Algier – New York. Am 13. Juni 1914 fand seine letzte Reise auf dieser Route vor dem 1. Weltkrieg statt. Während der gesamten Dauer des 1. Weltkrieges verblieb die „Kaiser Franz Josef I“ in Triest. Nach dem Kriegsende ging Triest von Österreich an Italien. Somit wurde aus der Unione Austriaca die Cosulich Line, deren Schiffe unter italienischer Flagge fuhren. Im Zuge dessen wurde die „Kaiser Franz Josef I“ in „Presidente Wilson“ umbenannt. Am 5. Mai 1919 unternahm diese ihre erste Reise auf der Route Genua – Marseille – New York, hauptsächlich um amerikanische Soldaten zu repatriieren. Am 24. Juni 1919 folgte ihre erste Reise auf der Route Triest – Neapel – Messina – New York. Am 12. Juli 1929 startete sie zu ihrer letzten Reise auf der Route Triest – Neapel – New York – Boston – Neapel – Trieste, die im November 1929 endete. Im Jahr 1930 wurde sie an den Lloyd Triestino verkauft und in „Gange“ umbenannt. Nun wurde sie erstmals für die Route von Triest in den fernen Osten eingesetzt. Im Jahr 1936 wurde sie erneut verkauft, diesmal an die Società Adriatica di Navigazione in Triest, die das Schiff auf „Marco Polo“ umtaufte. Seither bediente es die Express-Strecke von Triest nach Alexandria in Ägypten, wie auch ein Inserat in der italienisch-jüdischen Zeitschrift "Israel" vom 22. September 1938 bestätigt. Leider konnte ich bis jetzt noch nichts über die Fahrt im Februar/März 1940 finden, als Moritz Strauss und seine Ehefrau Clara Strauss, geborene Mayer, nach Israel ausgewandert bzw. geflohen sind. Nach dem Waffenstillstand der italienischen Armee vom 8. September 1943 wurde die „Marco Polo“ von den Deutschen beschlagnahmt. Am 12. Mai 1944 wurde sie bei der Hafeneinfahrt von La Spezia versenkt, um sie dem Zugriff der Alliierten zu entziehen.

 

Die meisten hier erwähnten Informationen stammen von der folgenden italienischen Website. Die Übersetzung aus der italienischen in die deutsche Sprache erfolgte durch mich selbst.

 

http://www.agenziabozzo.it/vecchie_navi/B-Vapore/Navi_1850-1950_B117_piroscafo_KAISER_FRANZ_JOSEF_I_PRESIDENTE_WILSON_GANGE_MARCO_POLO.htm

 

Im Wikipedia Artikel "History of the Jews in Trieste" (Geschichte der Juden in Triest) wird im Kapitel "Point of embarkation" die Fahrt des Schiffes "Jerusalem" im September 1939 erwähnt.

https://en.wikipedia.org/wiki/History_of_the_Jews_in_Trieste

 

Corriere Israelitico (1862-1915), erschien monatlich in Triest und ist hier online einsehbar:

https://digital-library.cdec.it/cdec-web/biblioteca/corriere-israelitico.html

 

Rivista Israel (1916-1938), erschien wöchentlich, und ist hier bis 1938 online einsehbar:

https://digital-library.cdec.it/cdec-web/biblioteca/rivista-israel.html

 

Nachfolgend noch die Lebensgeschichte und Auswanderung von Moritz Strauss und Clara Strauss, geborene Mayer, von Stuttgart-Cannstatt via Triest nach Israel im Februar/März 1940.

Falls Sie weitere Informationen über diese Fahrt der "Marco Polo" haben, oder Ihre Vorfahren oder Verwandeten ebenfalls auf dieser Fahrt mit an Bord waren, können Sie sich gerne bei mir melden.

 

Moritz Strauss und Clara Strauss, geb. Mayer - auf der "Marco Polo" von Triest nach Israel

 

Moritz Strauss, geboren am 04. Mai 1872 in Syracuse, New York, als Sohn von Jacob und Maslina Strauss, wohnte am 17.05.1939 an der Wiesbadener Strasse 26 in Stuttgart-Bad Cannstatt. Am 19. Nov. 1906 heiratete er Clara Mayer, geboren am 24. Okt. 1883 in Cannstatt als Tochter von Ferdinand und Sannchen Mayer. Moritz und Clara Strauss hatten zwei Töchter: Martha, geb. am 13. Sept. 1907 in München und Meta, geb. am 21. April 1909 in Cannstatt. Aus der Todesanzeige von Ferdinand und Susanne Mayer in der Emigranten-Zeitung "Der Aufbau" vom 14. August 1942 geht hervor, dass die Tochter Clara Strauss, geb. Mayer, zu diesem Zeitpunkt in Palästina lebte.

 

Durch die Hilfe einer israelischen Ahnenforscherin konnte ich diese Spur weiterverfolgen. Sie hat Einbürgerungsdokumente von Clara Strauss, geb. Mayer gefunden, die besagen, dass sie 1940 eingewandert ist. Sie verfügte über einen deutschen Pass, der am 21.02.1940 in Stuttgart ausgestellt worden war. Ihr erste Einreise in Palästina erfolgte am 21.03.1940. Es wird darauf hingewiesen, dass es keine Grenzübertritts-Dokumente gibt. Aus den Einbürgerungsdokumenten geht zudem hervor, dass Moritz Strauss bereits kurze Zeit nach der Ankunft am 29. März 1940 verstorben ist. Sein Grab befindet sich auf dem Sde Yehoshua Military Cemetery in HaHagana, Haifa, Israel.

 

https://billiongraves.de/grave/Moriz-Strauss/28927052

 

Zum Zeitpunkt der Einbürgerung lebte Clara Strauss, geb. Mayer, in Kiryat Binyamin nahe Haifa, Israel. In den Dokumenten werden zudem Erich Moller und Erich Böhm erwähnt. Erich Moller stammte wohl aus Tschechien und war der Gründer der Textilfabrik ATA in Kfar Ata. Später trennte er sich von seinem Geschäftspartner und gründete eine neue Textilfabrik in Naharya. Erich Böhm hat Chemie studiert an der Universität in Wien und leitete die Hutfabrik Gebrüder Böhm. In Israel war er Chemiker in der Textilfabrik ATA in Kfar Ata und später in der Moller Textilfabrik in Naharya.

 

Auch zur Tochter Martha Strauss, geb. am 13. Sept. 1907 in München, gibt es Einbürgerungs- dokumente. Sie war unverheiratet und von Beruf Clerk, als Adresse nannte sie ein Postfach in Haifa, dasselbe wurde auch bei ihren Unterstützern, den Herren Möller und Leyman, vermerkt. Sie besass einen deutschen Pass, der am 12.08.1932 in Stuttgart ausgestellt worden war. Ihre erste Einreise in Palästina erfolgte am 13.09.1934. In den Formularen zur Einbürgerung tauchen zudem die Daten 26.02.1939, 29.03.1939, 16.04.1939, 18.04.1939 und 25.05.1939 auf.

 

Sowohl die Akten zu Clara Strauss als auch diejenigen zur Tochter Martha Strauss sind bei den Israel State Archives kostenlos online einsehbar. Clara Strauss ist am 13. Februar 1969 im Alter von 85 Jahren verstorben und fand ihre letzte Ruhestätte auf dem Tsur Shalom Cemetery in Kiryat Bialik. Tochter Miriam Strauss (Martha Strauss) ist am 13. Mai 1994 im Alter von 86 Jahren gestorben und fand ihre letzte Ruhestätte ebenfalls auf dem Tsur Shalom Cemetery in Kiryat Bialik. Dies lassen passende Einträge im JewishGen Online Worldwide Burial Registry - Israel vermuten.

 

Die vollständige Auflistung der Quellen zu Moritz Strauss und Clara Mayer finden Sie hier.