Abkommen zwischen Deutschland und Frankreich
In der Publikation „Die deutschen Kriegsgäste der Schweiz“1 wird erklärt, wie es im Februar 1916 zwischen Deutschland und Frankreich zu dem Abkommen kam, kranke und verwundete Kriegsgefangene beider Mächte in der Schweiz unterzubringen bzw. zu hospitalisieren. Es wird auch beschrieben wie die Auswahl dieser Kriegsgefangenen vonstatten ging. Sie wurden zuerst in den Gefangenenlagern untersucht und später nochmals in den Austauschstationen in Konstanz und Lyon.
An den Vorbereitungen waren nebst dem Roten Kreuz, der Gesellschaft der Ärzte und dem Verband der Bäder- und Kuranstalten auch Hotelbesitzer beteiligt. Da während des Krieges niemand Reiselust verspürte, standen viele Hotels leer und boten sich nun als Unterkunft für die Kriegsgefangenen an. Die Deutsche Gesandtschaft in Bern hat eigens eine Abteilung für Gefangenenfragen eingerichtet, der Major von Polentz vorstand.
Hospitalisierungs-Regionen und Verteilung der Internierten
Das Hospitalisierungsgebiet für deutsche Kriegsgefangene erstreckte sich über die Zentral- und Ostschweiz und war unterteilt in die Regionen Vierwaldstättersee, Graubünden und St. Gallen – Appenzell sowie die Studienorte Basel, Zürich und Genf. Offiziere wurden getrennt von den Mannschaften untergebracht, meist in den grösseren Hotels der jeweiligen Orte.
Dem Chefarzt des schweizerischen Roten Kreuzes, Herrn Oberst Bohny in Bern, oblag die Weiterleitung und Verteilung der Kriegsgefangenen an ihre Hospitalisierungssorte. Die Unterbringung erfolgte je nach Krankheit, die Lungenkranken kamen in die Kurorte Davos und Arosa, die klinischen Fälle in die Zentralschweiz und die Rheumakranken nach Ragaz.
Am 26.01.1916 kam der erste Transport mit deutschen Kriegsgefangenen, alle an Lungentuberkulose erkrankt, in der Schweiz an.
Bestimmungen, Bedingungen und Regelungen
Die Heimatstaaten der Hospitalisierten hatten sich dazu verpflichtet, entflohene Internierte der Schweiz zurückzuliefern, deshalb wurde auf Bewachung verzichtet. Jeder Internierte konnte sich am Ort der Unterbringung sowie einem festgesetzten Umkreis frei bewegen. Zum Verlassen dieses Gebietes oder zu Reisen in andere Orte musste Urlaub beantragt werden.
Das Betreten von Privathäusern und das Annehmen von Einladungen war nur mit Genehmigung gestattet. Der Wirtshausbesuch war auf die Abendstunden beschränkt, ebenso die Abgabe alkoholischer Getränke in den Quartieren.
Klinische Fälle in Luzern und Orthopädie-Werkstätte in Stansstad
Die klinischen Fälle wurden in der Armee Sanitätsanstalt in Luzern behandelt, die von Professor Dr. Brun geleitet wurde. In der Zeit vom 1. Januar bis 1. Juli 1917 wurden dort 182 deutsche Patienten operiert, bis auf einen haben alle überlebt.
In Stansstad im Kanton Nidwalden entstand eine Internierten-Schuhmacherei die orthopädische Schuhe herstellte. Bald wurde ihr eine Werkstatt zur Anfertigung von Prothesen angegliedert. Geleitet wurde sie vom Schweizer Orthopäden Hauptmann Dr. Müller in Engelberg. Die technische Leitung oblag der Firma Eberhard Müller & Söhne, Frankfurt am Main. Diese arbeitete mit dem Reservelazarett Ettlingen zusammen, das eine der bedeutendsten deutschen Anstalten auf diesem Gebiet war. Dessen Leiter, Professor Dr. von Payr besuchte mehrmals die Stansstader Werkstätte.
Fortbildungs- und Handwerkerkurse an Internierungsorten
In den Hospitalisierungsorten wurden Fortbildungskurse durchgeführt. Im Angebot waren Kurse für Rechnen, Buchführung, Deutsch, Geographie und Bürgerkunde, aber auch Stenographie, Maschinenschreiben, Zeichnen und fremde Sprachen wurden gelehrt.
Die Lehrpersonen wurden unter den Hospitalisierten rekrutiert, die Lehrmittel stellte die
„Bücherzentrale für deutsche Kriegsgefangene“ in Bern zur Verfügung.
Neben diesen Allgemeinen Fortbildungskursen gab es auch Handwerkerschulen zur Erlangung der Meisterprüfung, Handelsschulkurse und Realschulkurse zur Erlangung des Einjährigen-Examens, der Primareife und des Abiturienten-Examens sowie Studienkurse für Akademiker. Für jüngere Offiziere und Unteroffiziere gab es militärische Ausbildungskurse.
Deutsche Fachschulen für Internierte - Internierte an Schweizer Universitäten
Daneben wurden deutsche Fachschulen gegründet wie die Technikerschule in Zürich, für Maschinen- und Bautechniker, die Bergschule in Chur, die Landwirtschafts- und Forstschule in Ermatingen, die Musikerschule und das Bildhaueratelier in Luzern, die Fortbildungsanstalt für deutsche Volksschullehrer und die Postschule in Basel sowie die Gas- und Wasserschule in Walzenhausen.
Auch einige schweizerische Gymnasien und Universitäten nahmen deutsche Internierte als Studenten auf. So die Universitäten von Basel, Bern, Zürich und St. Gallen sowie die Kantonsschule in Luzern, das Gymnasium in Burgdorf und das Reformgymnasium in Zürich.
Auch das Konservatorium in Zürich, die Kunstgewerbeschule in Luzern und die Landwirtschaftsschule Strickdorf bei Winterthur zählten Internierte zu ihren Schülern.
Werkstätten für Internierte an Standorten der Internierung
An verschiedenen Hospitalisierungsorten wurden für wiedergenesene Internierte Werkstätten eingerichtet. Als Nationale Grossbetriebe galten: Die Tischlerwerkstätte deutscher Internierter in St. Gallen, die Schuhmacherwerkstätte und orthopädische Werkstätte deutscher Internierter in Stansstad, die Spielwarenwerkstätte deutscher Internierter in Vitznau, die Metallbearbeitungswerkstätte deutscher Internierter in Rorschach und die deutsche Internierten Druckerei in Bern.
Die Erzeugnisse dieser Internierten-Werkstätten wurden an Ausstellungen präsentiert, zum Beispiel im März 1917 in Frankfurt am Main, der sogar ihre Majestät die Kaisern einen Besuch abstattete.
Kategorien der Arbeitsfähigen nach Gesundheitszustand
Die (wiedergenesenen) Internierten wurden nach ihrem Gesundheitszustand in folgende Kategorien der Arbeitsfähigkeit eingeteilt:
I. Arbeitshunfähige
II. Teilweise Arbeitsfähige, zur Verwendung in den Internierungslagern geeignet, sei es als Ordonnanzen oder Handwerker für den Eigenbedarf.
III. Teilweise Arbeitsfähige, zur Verwendung ausserhalb der Internierungslager, jedoch nur für einen Teil des Tages oder nur für leichtere Arbeiten verwendbar.
IV. Vollständig Arbeitsfähige, zur Verwendung auch ausserhalb der Internierungsorte geeignet und zwar: a) Leute für gruppenweise Verwendung, b) Leute für individuelle Verwendung (Handwerker, Fabrikarbeiter, gelernte Arbeiter).
V. Auszubildende, welche in Folge ihrer Invalidität gezwungen sind, einen neuen Beruf oder ein neues Handwerk zu erlernen.
1 Die deutschen Kriegsgäste der Schweiz - ein Gedenkblatt an die Hospitalisierung deutscher Kriegs- und Zivilgefangener - Herausgegeben von der Abteilung für Gefangenenfragen der Kaiserlich Deutschen Gesandtschaft in Bern. R. Piper & Co. Verlag in München, Erscheinungsjahr 1917
http://digital.staatsbibliothek-berlin.de/werkansicht/?PPN=PPN670591726&LOGID=LOG_0002
Kommissionen für die Beschäftigung der Internierten
Laut einer Verfügung vom 8. Juli 1916 hat das Politische Departement Kommissionen eingesetzt, die sich um die Vermittlung von arbeitsfähigen Internierten kümmern und deren Arbeitsverhältnisse regeln sollen. Es bestanden drei Regionalkommissionen:
Westschweiz mit Sitz in Lausanne, Zentralschweiz mit Sitz in Luzern, Ostschweiz mit Sitz in Zürich.
Westschweiz: Kantone Freiburg, Neuenburg, Genf, Waadt, Wallis und Berner Jura. Zentralschweiz: Kantone Aargau, Basel, Bern, Luzern, Schwyz, Solothurn, Tessin, Unterwalden, Uri und Zug.
Ostschweiz: Kantone Appenzell, St. Gallen, Glarus, Graubünden, Schaffhausen, Thurgau und Zürich.
Gesuche von Arbeitgebern um Zuweisungen von Internierten sind in der Regel an die örtlich zuständigen Regionalkommissionen zu richten. Oder für belgische Internierte an das "Office du Travail pour Internés Belges" in Lausanne, für deutsche Internierte an die deutsche Gesandtschaft, Abteilung für Gefangenenfragen in Bern, und für französische Internierte an das Bureau de Travail der französischen Botschaft in Bern.
Anfragen von Bundes- oder kantonalen Behörden, die Land- oder Forstwirtschaftliche Arbeiten durch Internierte ausführen lassen wollen, sind direkt an die Zentralkommission mit Sitz in Bern zu richten. Alle Arbeitsangebote seitens der Internierten sind mit genauer Angabe des bisherigen Berufes auf dem Dienstweg an die Zentralkommission zu richten.
Berner Intelligenzblatt vom Samstag, 7. Oktober 1916
Internierte als Studierende an Schweizer Universitäten
Die Vorarlberger Landes-Zeitung berichtete in der Ausgabe vom 21.11.1916 aus der Schweiz:
An der Universität Zürich sind zur Zeit 43 deutsche Internierte als Studierende eingetragen, davon 27 als ordentliche Studierende und 16 als Hörer. An der eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) studieren im ganzen 52 Internierte. An der Luzerner Kantonsschule ist ein Dutzend kriegsgefangener Studenten eingetreten, etwa ebenso viele besuchen die dortige Kunstgewerbeschule. Nach der Meldung von Schweizer Blättern haben seit dem 10.10.1916 rund 500 Internierte in der Schweiz Arbeit oder Stellen erhalten. http://anno.onb.ac.at/
Die Matrikeledition der Universität Zürich kann man online durchsuchen. Dort findet man auch die Internierten, die zur Zeit des 1. Weltkrieges dort studierten. Zum Beispiel den am 21.08.1891 geborenen Robert Bach aus Elberfeld, Deutschland. Sein Vater war der Lyceal-Lehrer Julius Bach, wohnhaft an der Flurstrasse 11 in Elberfeld. Robert hatte sein Studium offenbar bereits vor dem Krieg an der Universität in Halle an der Saale begonnen. In Zürich schrieb er sich für theologische Systematik ein, ab dem Wintersemester 1916 bis am 14.12.1918 als er die Universität mit Zeugnis verliess. Am Ende des Matrikeleintrags findet man die Notiz: Interniert in Weggis, Gebührenerlass.
http://www.matrikel.uzh.ch/active/static/1283.htm
Ergänzend Informationen aus den Verlustlisten der Preussischen Armee
Preussische Verlustliste Nr. 763 vom 19.02.1917
Bach Robert, Gefreiter, *21.08.1891 Elberfeld, bisher als gefangen gemeldet,
war in Gefangenschaft in Le Tréport, Retley/Netley, Dartford, Dorchester,
nun in Zürich an der Universität.
Preussische Verlustliste Nr. vom 28.06.1919
Infanterie Regiment Nr. 57, 5. Kompagnie
Gefreiter Bach Robert, *21.08.1891 Elberfeld, war in der Schweiz, jetzt Aachen.
Weitere Internierte, die an der Universität in Zürich immatrikuliert waren:
Bilabel Wilhelm, Augsburg, Bayern, Zweibrücken, Rheinpfalz, interniert
Boden August Max, Berbruch, Leipzig, Sachsen, interniert
Clave Richard, Güstrow, Mecklenburg, interniert in Chur
Häber Arno, Hubertusburg, Wermsdorf, Sachsen, interniert in Sisikon
Karnauke Wilhelm, Kottbus, Brandenburg, interniert
Plato Moses Markus, Hamburg, interniert in Morschach
Roessner Carl, Göttingen, interniert in Weesen
Schüller Peter, Stolberg, Rheinland, interniert
Stengel Karl, Mannheim, Baden, Seminar Ettlingen
Witschel Paul, Halbendorf, Lauban, Schlesien, interniert Oberwaid
Witte Kurt, Kronheide, Pommern, interniert
Zur Oven Willi, Bochum-Lottental, Westfalen, interniert in Sisikon
http://www.matrikel.uzh.ch/active/static/search0.htm
Auswertung der Listen der deutschen Kriegsgefangenen in der Schweiz
In den Listen der deutschen Kriegsgefangenen in der Schweiz, herausgegeben
von der Kriegsgefangenenfürsorge in Bern, findet man noch mehr Internierte,
die an einer Schweizer Universität oder einem Schweizer Gymnasium studierten.
Laut dieser Quelle gab es studierende Internierte in Bern, Basel, Zürich, Luzern,
Freiburg, St. Gallen, Burgdorf und Winterthur.
In folgenden Regionen wurden Kriegsgefangene und Zivilinternierte untergebracht:
Region Zentralschweiz (Kantone Uri, Schwyz, Luzern, Obwalden, Nidwalden),
Regionen Chur und Davos (Graubünden), Region Ragaz-Pfäffers (St. Gallen),
Region Glarus-Weesen (Glarus, St. Gallen), Region St. Gallen-Appenzell.
Diesen Listen vom November 1916 kann man, nebst den Unterkünften in der Schweiz,
auch entnehmen, wo diese Soldaten und Offiziere in Gefangenschaft gerieten und in
welchen Lagern sie sich aufhielten, bevor sie in der Schweiz eintrafen.
Auffallend ist, dass sehr viele wohl in englischer Gefangenschaft waren und nicht in
französischer. In Frankreich waren viele in der Bretagne, in Bordeaux, Toulouse oder
Marseille aber auch in anderen Gegenden. Einige sind in Nordafrika oder in Kamerun
in Gefangenschaft geraten, letztere als Angehörige der Schutztruppen.
http://digital.staatsbibliothek-berlin.de/werkansicht/?PPN=PPN738530441&PHYSID=PHYS_0004
Auch deutsche Zivilinternierte weilten damals in der Schweiz
Ab Seite 177 sind die Zivilinternierten aufgelistet, mehrere waren zum Beispiel
auf dem Schiff Nieuw Amsterdam oder auf dem Schiff Vaterland. Beide gerieten
offenbar am 04.09.1914 in Gefangenschaft. Die Besatzung beider Schiffe, wie
auch diejenige des Schiffes Tubantia, das am 08.11.1914 in Gefangenschaft
geriet, wurde auf das Schiff Charles Martel verfrachtet.
Einer war auf dem italienischen Reichspostdampfer Prinzessin Elisabeth und einige
andere auf den spanischen Dampfern Lister oder Federico und gerieten in Marseille in Gefangenschaft. Ein Stephan Michalack wurde "in Tunis vor Kriegsausbruch an der
Abreise gehindert und am 11.08.14 verhaftet".
Nebst den üblichen Berufen findet man auch Bierbrauer, Uhrmacher, Schriftsteller,
Kapellmeister, Zirkuskünstler bis hin zum Bauunternehmer, Bahnhofvorsteher,
Spielwarenfabrikant oder Plantagenbesitzer (leider fehlt der Standort der Plantage).
Auch ein Kunstfigurenfabrikant sowie ein Photokunstverleger sind mir aufgefallen
und das Schiff Vaterland beschäftigte offenbar einen Silberputzer.
http://digital.staatsbibliothek-berlin.de/werkansicht/?PPN=PPN738530441&PHYSID=PHYS_0177
Gefangennahme Schiff Nieuw Amsterdam und Gefangenenlager Ile Longue
Mehr Informationen zur Gefangennahme des Schiffes Nieuw Amsterdam
und weiteres Material zum Gefangenenlager auf der Ile-Longue kann man
in nachfolgendem Link nachlesen. Die Nieuw Amsterdam der Holland-Amerika
Linie war unterwegs von New York nach Boulogne und Rotterdam, als sie vor
der Bretagne vom französischen Hilfskreuzer Savoie aufgehalten wurde.
Insgesamt wurden 714 Männer an Bord der Nieuw Amsterdam interniert,
darunter 457 Deutsche und 257 Österreich-Ungaren. Sie wurden zunächst
ins Fort Crozon gebracht, später auf das Schiff Charles Martel ehe sie das
neu erstellte Lager Ile-Longue beziehen konnten. Die meisten von ihnen
verbrachten beinahe 5 Jahre im Gefangenenlager Ile-Longue in der Bretagne.
Die Offiziere wurden zunächst im Bouguen Gefängnis in Brest untergebracht.
Später wurde ihnen das Chateau in Brest als Unterkunft zur Verfügung gestellt.
In der Liste der deutschen Kriegsgefangenen in der Schweiz vom November 1916
erscheinen die Gefangenen von der Nieuw Amsterdam als Zivilinternierte. Der
offizielle Bericht der französischen Marine bezeichnete diese Männer jedoch
als in den Kriegsdienst Einberufene, die von Amerika nach Europa reisten,
um sich bei ihren Einheiten in Deutschland oder Österreich-Ungarn zu melden.
Im "rapport officiel de la marine française" findet man einen Link zur "liste des
prisonniers autrichiens", der gefangenen Österreicher von der Nieuw Amsterdam.
http://www.ilelongue14-18.eu/?-Le-paquebot-hollandais-Nieuw-
Erfolgreiche Flucht ins Fürstentum Liechtenstein
In der Quellenedition 1900-1930 des Landesarchivs des Fürstentums Liechtenstein findet
man auch ein Schreiben, in dem es um einen entflohenen Kriegsgefangenen geht, der in
der Schweiz hospitalisiert war. Gemäss einer Vereinbarung mit den kriegsführenden Staaten
war man dazu verpflichtet, in der Schweiz internierte Kriegsgefangene, die über die Grenze
geflohen waren, wieder in die Schweiz zurück zu bringen.
In diesem Schreiben geht es um Wilhelm Russ, geboren am 27.06.1878, Kaufmanns
Angestellter von Breslau, der aus Zürich entwichen war. Er war zunächst in Frankreich in
Gefangenschaft und wurde später in der Schweiz hospitalisiert. Er galt inzwischen als
genesen und wurde zur Arbeit abkommandiert. Offenbar ist es ihm gelungen, den Rhein
unterhalb der Brücke bei Vaduz zu durchschwimmen. Bei der fürstlichen Regierung gab er
folgende Personalien an:
Am 27.6.1878 in Jarotschin geboren, zuständig nach Breslau, zu Kriegsbeginn in Paris
als Kaufmannangestellter tätig, anfänglich dort interniert, sodann wegen Krankheit in die
Schweiz überstellt und zuletzt in Zürich, Bahnhofstrasse 63 wohnhaft. Es handelt sich also
wohl um einen Zivilinternierten und nicht um einen Kriegsgefagenen im eigentlichen Sinn.
Das Fürstentum Liechtenstein war jedoch kein kriegsführender Staat und hatte daher die
obengenannte Vereinbarung bezüglich der Rückführung entflohener Kriegsgefangenen
nicht mitunterzeichnet. Trotzdem wurde auf mehrmaliges Ersuchen der Schweiz hin die
Überstellung an das Polizeikommando in Buchs verfügt.
Wilhelm Russ entzog sich jedoch dieser Massnahme indem er erneut floh. Es wurde
berichtet, dass er sich in Wiesbaden bei der Rittmeisterswittwe Friederika von Brand
aufhalten solle. Wenige Monate später tauchte er jedoch wieder in Liechtenstein auf
und erhielt die Erlaubnis in Schaan zu wohnen.
http://www.e-archiv.li/textDetail.aspx?backurl=auto&etID=45548&eID=8
http://www.e-archiv.li/textDetail.aspx?backurl=auto&etID=45552&eID=8
Die Internierung deutscher Soldaten in Uri 1916-1919
29. Historisches Neujahrsblatt für das Jahr 1923
Herausgeber: Verein für Geschichte und Altertümer von Uri
http://www.e-periodica.ch/digbib/view?pid=hnu-001:1923:29#47
28.03.1916 Flüelen Hotel Sternen, 30 Kriegsverletzte
15.05.1916 Flüelen Hotel Adler, 68 internierte Soldaten
18.07.1916 Flüelen Hotel Du Lac, 40 Mann, Hotel Sternen 10 Mann
06.08.1916 Flüelen Hotel Gotthard, 40 Mann, Hotel Adler 20 Mann
04.12.1916 Flüelen Hotels Tell, Flüelerhof, Adler, Sternen, Gotthard 100 Mann
06.08.1916 Sisikon, Hotel Rophaien und Urirotstock, 60 Mann aus englischer
Gefangenschaft, aus der Schutztruppe aus Kamerun und Deutsch-Westafrika.
14.12.1916 Hotel Tellsplatte, 40 internierte Soldaten
Unter den Platzkommandanten in Flüelen war Oblt. Fritz Iten von Flüelen, vom 25.01. bis 20.03.1917.
Frau Louise Iten erhielt mit anderen Personen eine Erinnerungsmedaille der Deutschen Gesandtschaf
Für die am Sonntag 1. Juli stattfindende Regatta des Luzerner Regattavereins sind von zwölf Vereinen 45 Boote gemeldet, was als ein ausserordentlich günstiges Ergebnis zu bezeichnen ist, da nur schweizerische oder in der Schweiz ansässige Vereine gemeldet haben. Zum ersten Male in der Schweiz kommt ein Rennen im Vierer ohne Steuermann zum Austrag, wofür der Grasshopper Klub Zürich und der Ruderverein Reuss in Luzern genannt sind. Ein Beispiel kameradschaftlichen Geistes hat der Seeklub Luzern gegeben, indem er den in Luzern und am Vierwaldstätter See internierten deutschen Kriegsgefangenen, welche ausübende Ruderer sind, einige seiner Boote zur Verfügung gestellt hat, in welchen diese zur Stärkung ihrer Gesundheit dem Rudern obliegen können.
Kölnische Zeitung, Zweite Morgenausgabe, Donnerstag, 28. Juni 1917, Nr. 616